Steuerberaterverband Schleswig-Holstein e. V.

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Die Umsatzsteuer in der Selbstanzeige – eine Hilfestellung

Der Schock sitzt oftmals tief: Wenn plötzlich festgestellt wird, wenn die Unternehmerin und der Unternehmer oder der vermeintliche Kleinunternehmer über Jahre hinweg – trotz faktischer Pflicht – keine Umsatzsteuerjahreserklärungen abgegeben haben. In diesem Fall erfüllt die nicht fristgerecht abgegebene Umsatzsteuerjahreserklärung trotz vorhandener Abgabepflicht den Tatbestand der  Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO. Um aus der steuerstrafrechtlichen Problematik herauszukommen und berufsrechtliche Konsequenzen zu vermeiden, ist die Umsatzsteuerselbstanzeige nach § 371 AO die Lösung.
Der Newsletter hat zum Ziel aufzuklären, welche Voraussetzungen die Umsatzsteuerselbstanzeige erfüllen muss, um strafbefreiend zu wirken und weshalb bei der Erstellung dieser Selbstanzeige ein besonderes Augenmerk auf die „Zehnjahresfrist“ des § 371 Abs. 1 S. 2 AO zu legen ist.

Voraussetzungen der Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung nach § 371 AO
Die Voraussetzungen einer Selbstanzeige nach § 371 AO müssen vollständig erfüllt sein, damit die Selbstanzeige die gewünschte strafbefreiende Wirkung entfaltet.
Gem. § 371 AO erlangt der Steuerpflichtige Straffreiheit, sofern er als positive Wirksamkeitsvoraussetzung zu allen unverjährten Steuerstraftaten einer Steuerart in vollem Umfang (vollständig!) unrichtige, unvollständige bzw. unterlassene Angaben berichtigt, ergänzt  oder nachholt. Es muss also komplett reiner Tisch gemacht werden. Dabei sind als Mindestmaß innerhalb der „Zehnjahresfrist“ des § 371 Abs. 1 S. 2 AO alle Steuerstraftaten der letzten zehn Jahre zu beachten.

  • Hinweis: Die steuerliche und strafrechtliche Verjährung beginnen unterschiedlich zu laufen!

Zudem darf als negative Wirksamkeitsvoraussetzung kein Sperrgrund des § 371 Abs. 2 AO vorliegen.
Darüber hinaus sind die hinterzogenen Steuern sowie Zinsen und Hinterziehungszinsen vollständig nachzuentrichten.

Die Zehnjahresfrist nach § 371 Abs. 1 S. 2 AO und ihre Tücken
Die geforderte sachliche und zeitliche Vollständigkeit der Selbstanzeige erhöht das Risiko einer unwirksamen Selbstanzeige enorm. Gem. § 371 Abs. 1 S. 2 AO müssen in einer Selbstanzeige Angaben zu allen unverjährten Steuerstraftaten einer Steuerart, mindestens aber zu allen Steuerstraftaten einer  teuerart innerhalb der letzten zehn Kalenderjahre erfolgen, um die strafbefreiende Wirkung der Selbstanzeige zu erlangen. 
Daher muss in der Vorbereitung für die Abgabe der wirksamen strafbefreienden Selbstanzeige der dafür notwendige Zeitraum genau analysiert werden.
Die Auslegung dieser „Zehnjahresfrist“ ist dabei umstritten. Es ist (höchst)richterlich bislang noch nicht entschieden, was mit dem Begriff „Kalenderjahre“ gemeint ist. Nach weit überwiegender Ansicht der Literatur dürften damit jedoch abgeschlossene/volle Kalenderjahre gemeint sein. Für einen Einbezug von Steuerstraftaten in die Zehnjahresfrist ist daher auf den Zeitpunkt der tatsächlichen Beendigung der jeweiligen Steuerstraftat abzustellen (und z.B. nicht auf den 31.12. oder das Veranlagungsjahr).

Bedeutung für die Praxis?
Für die Praxis bedeutet dies zum einen, dass sämtliche Steuerstraftaten innerhalb der letzten zehn Kalenderjahre (Datum der Abgabe der Selbstanzeige abzüglich zehn Kalenderjahre = Stichtag) erklärt werden müssen.
Des Weiteren bedeutet dies auch, dass eine Steuerstraftat dann im Rahmen einer Selbstanzeige erklärt werden muss, wenn diese zwar materiell steuerrechtlich einen Zeitraum außerhalb der Zehnjahresfrist betrifft, die relevante Steuerstraftat jedoch erst innerhalb der  Zehnjahresfrist beendet wurde.

Wann ist die Tat der Umsatzsteuerhinterziehung durch Unterlassen beendet?
Der Zeitpunkt der Tatbeendigung bei einer Steuerhinterziehung durch Unterlassen unterscheidet sich bei Veranlagungssteuern und bei Fälligkeitssteuern – wie etwa der Umsatzsteuer.
Wird eine Veranlagungssteuer durch Unterlassen hinterzogen, ist für die Beendigung der Tat entscheidend, wann der Steuerpflichtige spätestens zur Veranlagung herangezogen worden wäre. Dies ist grundsätzlich erst mit dem wesentlichen Abschluss der Veranlagungsarbeiten durch das individuelle Finanzamt der Fall.
Bei Fälligkeitssteuern – soweit sie wie die Umsatzsteuer als Anmeldungssteuern ausgestaltet sind – ist die durch das pflichtwidrige Unterlassen der Abgabe der Umsatzsteuerjahreserklärung begangene Steuerhinterziehung bereits mit dem Ablauf der Erklärungsfrist vollendet und damit grundsätzlich zugleich beendet. Dies ist deshalb der Fall, da die Umsatzsteuerjahreserklärung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Entscheidend ist dabei auch, ob in den relevanten Jahren eine steuerliche Vertretung und damit eine Verlängerung der Abgabefrist vorgelegen hat.

  • Unterschied zwischen Veranlagungssteuern und Fälligkeitssteuern
  • Die Tat durch Unterlassen der Umsatzsteuererklärung ist mit Ablauf der Frist begangen und auch strafrechtlich beendet.

Schlussüberlegungen und Tipps für die Praxis?
Entscheidend ist, ob die Abgabefristen für die Umsatzsteuerjahreserklärungen der vorangegangenen Jahre zum Zeitpunkt des maßgeblichen Stichtags der Zehnjahresfrist bereits verstrichen sind oder nicht. Lag bereits vor dem Stichtag Tatbeendigung vor? Nur so kann die Vollständigkeit der  Selbstanzeige hinsichtlich der Umsatzsteuer gewährleistet werden. Im Zweifel sollten Beraterinnen und Berater auch unter Haftungsgesichtspunkten  Experten auf diesem Gebiet zu Rate ziehen.

Autoren: Maximilian Krämer, LL.M., Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht und zertifizierter Berater im Steuerstrafrecht und Malte Norstedt, LL.M. Eur., Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuerrecht telefonische Fachberatung Selbstanzeige/Steuerstrafrecht/Betriebsprüfung des LSWB sowie Rechtsanwalt Lars Kopp, alle DNK Rechtsanwälte PartGmbB, München.

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