Steuerberaterverband Schleswig-Holstein e. V.

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Die wirksame und vollständige Selbstanzeige – die komplizierte Universallösung für Steuerhinterzieher

Sowohl während der laufenden Buchhaltung als auch bei den Jahresabschlussarbeiten fallen regelmäßig steuerstrafrechtlich relevante Sachverhalte auf, die durch die Steuerpflichtigen verwirklicht wurden.
In der Beratungspraxis stellt sich die Frage, was die Steuerberaterin und der Steuerberater unternehmen muss, allein schon aus eigenen Haftungsgesichtspunkten. Klassischer Fall: Die Selbstanzeige! Denn die Selbstanzeige ermöglicht dem Steuersünder sogar bei vorsätzlicher Steuerhinterziehung die straffreie Rückkehr in die Steuerehrlichkeit.
Wir klären überblicksartig auf, welche Voraussetzungen der Selbstanzeige, um Straffreiheit zu gewährleisten, zwingend erfüllt sein müssen, welche Folgen eine wirksame Selbstanzeige hat und welchen Weg wir aus Beratersicht für eine Selbstanzeige vorschlagen.

Die Selbstanzeige – vollständig, wirksam und strafbefreiend
Der Wortlaut des „Selbstanzeigeparagraphen“ der Abgabenordnung in § 371 Abs. 1 S. 1 AO scheint zunächst ganz einfach. Zu allen Steuerstraftaten einer Steuerart müssen in vollem Umfang die unrichtigen Angaben berichtigt, die unvollständigen Angaben ergänzt oder die unterlassenen Angaben nachgeholt werden, um in den Genuss der Straffreiheit zu kommen. Der Teufel steckt hier im Detail!
Berichtigen heißt, unrichtige, unvollständige oder fehlende Angaben durch die richtigen, vollständigen und wahrheitsgemäßen Angaben über steuerlich erhebliche Tatsachen zu ersetzen. Der Inhalt der Berichtigungserklärung muss denselben Anforderungen genügen, denen der Anzeigeerstatter bei ordnungsgemäßer Erfüllung seiner steuerrechtlichen Erklärung schon früher hätte entsprechen müssen – also die Art und den Umfang der Besteuerungsgrundlagen.
Was muss nacherklärt werden: Die Berichtigungserklärung muss zu allen (strafrechtlich) unverjährten Steuerstraftaten (vorsätzliche Begehung) einer Steuerart (zB. Einkommensteuer oder Umsatzsteuer – jede Steuerart ist getrennt zu betrachten) erstellt werden, mindestens aber zu allen Steuerstraftaten der letzten zehn Kalenderjahre. Wie „die letzten zehn Kalenderjahre“ genau zu verstehen sind, sagt das Gesetz nicht. Es dürften damit abgeschlossene vollständige Kalenderjahre gemeint sein. In Zweifelsfällen müssen daher vorsorglich alle denkbaren weiteren Veranlagungszeiträume berichtigt werden.
Adressat der Selbstanzeige ist „eine Finanzbehörde“. Da aber vertreten wird, dass die Selbstanzeige nur bei der örtlich und sachlich zuständigen Stelle eingereicht werden darf, sollte dem zwingend Folge geleistet werden. Andernfalls kann ein Ausschlussgrund des § 371 Abs. 2 AO die Selbstanzeige unwirksam werden lassen.
Zuletzt darf keine der sogenannten Sperrgründe des § 371 Abs. 2 AO (zB. Anordnung einer Außenprüfung oder Einleitung eines Steuerstrafverfahrens) eingetreten sein. Darauf muss die Mandantschaft auch ausdrücklich hingewiesen werden.

Welche Rechtsfolgen hat eine Selbstanzeige?
Die äußerst positive Wirkung der Selbstanzeige ist die strafbefreiende Wirkung trotz vorsätzlich verwirklichter Steuerhinterziehung.
Zusätzlich zur vollständigen Selbstanzeige müssen die Steuerpflichtigen zudem nach § 371 Abs. 3 AO fristgerecht die hinterzogenen Steuern sowie Hinterziehungszinsen nachzahlen, da die Selbstanzeige sonst unwirksam ist. Ist zudem ein Sachverhalt betroffen, bei welchem die Steuerhinterziehung pro Tat den Betrag von 25.000,- Euro übersteigt (§ 371 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 AO), so kommt als weitere Wirksamkeitsvoraussetzung die fristgerechte Zahlung des Strafzuschlags nach § 398a AO hinzu.
Ist die abgegebene Selbstanzeige unwirksam, da beispielsweise unvollständig oder ein Sperrgrund greift, so wirkt diese sogenannte verunglückte Selbstanzeige im Rahmen der Strafzumessung als strafmildernder Grund. So gelten auch für die seit dem 01.01.20215 nicht mehr zulässigen Teilselbstanzeigen, dass diese aufgrund der fehlenden Vollständigkeit unwirksam sind.

Wie erstelle ich eine Selbstanzeige?
Wir empfehlen zweistufig vorzugehen.
Auf der ersten Stufe wird eine Schätzung als Selbstanzeige beim Finanzamt eingereicht. Konkret bedeutet das, dass die tatsächlichen Zahlen um einen Sicherheitszuschlag (z.B. 30 %) erhöht werden. Dies hat den Sinn, dass die Vollständigkeit der Selbstanzeige gewahrt bleibt. Zwar führen kleinste Abweichungen nicht direkt zur Unwirksamkeit, aber diesen Kampf wollen Sie mit dem Finanzamt nicht führen. Wir empfehlen auch den Hinweis, dass es sich in diesem Schritt um eine Schätzung zugunsten des Finanzamts handelt. Weiterhin die Bitte an das Finanzamt von der direkten Änderung und Festsetzung von Bescheiden abzusehen, da innerhalb einer Frist von zB. 1 Monat eine Konkretisierung erfolgen wird. Zuletzt empfiehlt es sich direkt eine Abschlagszahlung versehen mit einer Tilgungsbestimmung an die zuständige Finanzkasse zu leisten.
Auf der zweiten Stufe erfolgen sodann die Konkretisierung der konkreten Zahlen und die Verständigung mit dem Finanzamt auf die konkreten nachzuentrichtenden Steuern.

Auswirkungen auf die Praxis
Die Selbstanzeige ist die einzige Möglichkeit in der Praxis für eine Strafbefreiung aber ungemein fehleranfällig und sollte nicht schnell „mal nebenbei“ gemacht werden. Bei der Haftungsfalle „Selbstanzeige“ ist daher Vorsicht geboten und wir empfehlen die Zusammenarbeit mit fachlich versierten Experten, wenn dies nicht ihr Alltagsgeschäft ist. Für Sie als Steuerberaterin und Steuerberater geht es vor diesem Hintergrund darum, ihrer Mandantschaft in einer schwierigen Situation schnell und sicher helfen zu können und sich selbst vor Haftungsfällen zu schützen.

Autoren: Maximilian Krämer, LL. M., Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht und zertifizierter Berater im Steuerstrafrecht, DNK Rechtsanwälte PartGmbB, München und Stephan Wachsmuth LL. M., Rechtsanwalt, Steuerberater und Fachanwalt für Steuerrecht, GSK Stockmann, München.

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